Betroffene & Interessierte


Unser Sohn Nikolai starb im Alter von 4 ½ Jahren an der sehr seltenen Krankheit „Morbus Alpers“ (auch Alpers-Huttenlocher-Syndrom genannt). Vom Ausbruch der Krankheit bis zu seinem Tod vergingen nur 10 Wochen.

 

Diese schreckliche Krankheit war bereits bei Nikolais Geburt genetisch angelegt… vererbt von beiden Elternteilen… nur wusste niemand davon!

Die Diagnose aus dem Genlabor erhielten wir drei Tage vor Nikolais Tod.

 

Gab es rückblickend Anzeichen für die Krankheit?

 

Nikolai hatte, im Vergleich zu Gleichaltrigen, gewisse Schwierigkeiten in Motorik und Gleichgewicht. Rückblickend sahen Ärzte darin einen möglichen Zusammenhang.

 

Diese Auffälligkeiten wurden alle auch mit Nikolais Kinderarzt bei der 3- und 4-Jahres-Untersuchung besprochen und wir wurden zwecks Abklärung und Förderung schließlich einem Ergotherapeuten zugewiesen. Wir können dem Kinderarzt keinen Vorwurf machen, denn es hätte mit Sicherheit auch kein anderer Arzt auf eine derart seltene Grunderkrankung geschlossen. Und auch wenn man die Krankheit frühzeitig erkannt hätte – bei Morbus Alpers gibt es noch keine Heilung.

 

Über das, was in den nächsten 10 Wochen passierte, könnte ich unzählige Seiten schreiben, ich werde aber alles so kurz wie möglich zusammenfassen:

 

Warum der 28.2.2015 der Startschuss für Nikolais Krankheit war, wissen wir nicht. Meistens ist ein Infekt der Auslöser, der den Körper unerwartet stresst, sodass das ganze System nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Nikolais letzter Infekt lag aber schon länger zurück. Unsere Vermutung war „Angst“ – die Ärzte schlossen diese Möglichkeit jedoch aus.

 

Warum also die Angst?

 

Nikolai hatte an diesem Tag die Wahl, entweder mit mir zusammen seine knapp vier Monate alte Cousine zu besuchen oder mit seinem Patenonkel und dessen Familie ins Kino zu gehen (mit der ganzen Familie war Nikolai von klein auf sehr vertraut – die Tochter ist im selben Alter wie Nikolai und eine ganz liebe Freundin von ihm). Er entschied sich fürs Kino. Dies wunderte mich, denn es wäre das erste Mal gewesen, dass Nikolai ohne eine seiner engsten Bezugspersonen (Mama, Papa, Großeltern; Spielgruppenbetreuerinnen) etwas unternommen hätte.

 

Nikolai klagte dann plötzlich über einen heißen Kopf. Er wirkte aber keineswegs fiebrig. Etwas später jammerte er wieder und wir prüften mit dem Fieberthermometer. Nichts.

 

Dann fand er sein linkes Auge plötzlich so komisch. Er konnte es nicht weiter beschreiben. Es war keine Wimper im Auge und es legte sich nach kurzer Zeit wieder. Ich sah auch keinen Zusammenhang zu den Beschwerden davor.

 

Wir beschlossen dann, in sein Kinderzimmer spielen zu gehen. Ich setzte mich zu den Spielsachen auf den Boden. Nikolai legte sich hin und drehte sich von mir weg.

 

Ich fragte ihn, ob er lieber ein Buch lesen wolle. Er meinte ja, holte eines und wir setzten uns aufs Bett. Ich fing an vorzulesen und Nikolai wurde immer unruhiger. Er rutschte auf den Boden, kletterte wieder aufs Bett, dann wieder runter … Ich fragte ihn dann, ob er vor etwas Angst habe. Er sagte: „Ja“. Ich fragte ihn, ob er Angst davor habe, alleine mit seinem Göti und dessen Familie ins Kino zu gehen und er sagte: „Ja“. Wir beschlossen dann, das Kino abzusagen, damit er bei mir bleiben konnte. Daraufhin sagte Nikolai, dass er sich übergeben müsse und schon kam es in einem großen Schwall.

 

Nachdem ich Nikolai abgeduscht hatte, packte ich ihn warm ein und legte ihn auf die Couch, wo er sofort einschlief. Für mich war damit die Ursache ganz klar. Angst!

 

Nach einiger Zeit wachte Nikolai auf und erbrach sich wieder. Das überraschte mich, denn ich dachte, dass mit dem erstmaligen Erbrechen das Thema Angst gelöst sein müsste. Nikolai schlief wieder ein.

 

Später wieder dasselbe: Aufwachen und Erbrechen. Er sagte auch wieder, dass er Angst habe. Ich sagte ihm, dass er keine Angst haben müsse, denn ich sei ja bei ihm. Er schlief wieder ein, aber jetzt wurde ich unruhig. Nikolai schien es schlechter zu gehen, aber da war weit und breit kein Fieber zu spüren, kein Anzeichen für einen Infekt regte sich. Was brütete er da nur aus…

 

Beim nächsten Erbrechen fehlte ihm die Kraft, sich selbst auf die Seite zu drehen. Ich stützte ihn und danach blieb er kraftlos in meinen Armen hängen. Er konnte mir kaum mehr antworten. Ich rief meinen Mann an, der innerhalb weniger Minuten an meiner Seite war. Auch er kam kaum mehr zu Nikolai durch. Daraufhin wählte ich den Notruf.

 

Von den ersten Beschwerden (Hitzegefühl im Kopf) bis zum Wählen des Notrufes waren gerade einmal vier Stunden vergangen.

 

Der Notarzt und ein Rettungsteam aus Bludenz waren schnell vor Ort. Ich glaube, sie benötigten keine zehn Minuten. Es wurden die ersten Checks gemacht und Nikolai an eine Infusion angehängt. Die Ursache für Nikolais Zustand war weiterhin unklar.

 

Man wollte Nikolai gerade fertig für den Transport ins Krankenhaus machen, als er anfing zu zittern. Der Notarzt sagte, dass Nikolai krampfen würde (epileptischer Anfall) und fragte, ob er das schon einmal gehabt habe. Ich verneinte. Nikolai wurde ein Medikament gespritzt und der Anfall hörte sofort auf.

 

Mit Blaulicht ging es ins Krankenhaus nach Feldkirch. Nikolai war während der ganzen Fahrt stabil.

 

In der Notaufnahme kam der nächste Anfall. Doch auch dieser konnte rasch unterbunden werden. Es wurde Rückenmarksflüssigkeit gezogen und ein CT gemacht – beides nicht weiter Besorgnis erregend.

 

Als Nikolai dann auf die Kinderintensivstation verlegt wurde, kamen die nächsten Anfälle. Sie hörten nicht mehr auf. Nikolai wurde nur so durchgeschüttelt – ein entsetzlicher Anblick… Verschiedene Medikamente wurden ausprobiert – sie nützten nichts…

 

Nikolai erlitt einen Status Epilepticus – einen lebensbedrohlichen epileptischen Anfall.

 

Wir wurden gegen 23 Uhr nach Hause geschickt, da Nikolai in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden musste. Dies war jetzt für die Ärzte die einzige Möglichkeit, den Anfall zu unterbrechen und Nikolais Gehirn zu schützen.

 

Fassungslos und völlig erschöpft fuhren wir heim: Heute Nacht würden wir Nikolais Füßchen nicht im Gang tapsen hören, wenn er zu uns ins Bett gekrochen kam… Diese Nacht blieb es still.

 

Wie versprochen, rief uns nachts der diensthabende Arzt an. Nach Einleiten des Tiefschlafes war bei Nikolai ein MRI gemacht worden und der Arzt wollte uns das Ergebnis mitteilen. Das Bild war nicht Besorgnis erregend.

 

Am nächsten Tag durften wir erst gegen Mittag zu Nikolai.

 

Da lag unser Sohn mit Zugängen an beiden Beinen und Armen und am Hals. Unzählige Medikamente wurden zeitgleich in ihn hineingepumpt. Sein Kopf war verkabelt und ans EEG angeschlossen. Überall blinkten Überwachungsmonitore. Einfach nur schrecklich.

 

Nikolai lag drei Wochen auf der Intensivstation und kämpfte sich ins Leben zurück.

 

In diesen Wochen wurden Untersuchungen in die unterschiedlichsten Richtungen vorgenommen, vorbeugend Therapien (z.B. Herpes) begonnen, Proben von diversen Speziallabors untersucht. Man kam zu keinem Ergebnis. Alles, was an ungewöhnlichen Werten vorlag, ließ sich zu keinem Gesamtbild zusammenfügen.

 

Im dritten MRI wurde eine Veränderung im Thalamus sichtbar. Man vermutete bei Nikolai eine Hirnentzündung, ausgelöst durch ein Virus.

 

Nach vier Tagen wurden die Schlafmittel abgesetzt um Nikolai aufwachen zu lassen. Zwei Tage später erfolgte die erste minimale Reaktion der Pupillen. Tag für Tag verbesserten sich die Vitalfunktionen. Nach weiteren zehn Tagen öffnete Nikolai die Augen einen winzigen Spalt und der Beatmungsschlauch konnte entfernt werden. Am Ende der Intensivzeit konnte Nikolai beide Beine und den rechten Arm wieder bewegen (die Bewegungen waren zwar kraftlos und unkoordiniert, aber er konnte sich bewegen!) und er konnte uns mittels Händedruck oder Blinzeln auf Ja/Nein-Fragen antworten.

 

Nikolais Hirnströme waren noch verlangsamt.

 

Nikolai stand oft unter großem Stress und er weinte sehr viel. Er musste ja erst lernen, mit seiner neuen Situation umzugehen.

 

Sein linker Arm fing irgendwann an zu zucken. Zuerst schienen es neue Anfälle zu sein, die medikamentös unterbrochen wurden. Wir konnten dann aber beobachten, dass das Zucken unterschiedlich stark war, je nachdem, wie sehr er unter Stress stand. Es war aber auch zeitweise ein Ausdruck von positiver Aufregung. Doch bald schon lernte Nikolai damit umzugehen, sodass man nicht mehr mit Medikamenten eingreifen musste.

 

Das permanente Zucken des Armes (Myoklonien) blieb jedoch zurück.

 

Die Intensivzeit war beileibe kein stetiges Bergauf. Es gab viele Höhen und Tiefen. Aber unser Nikolai hatte überlebt!

 

Als Nikolai nach drei Wochen von der Intensivstation in ein Einzelzimmer auf der normalen Kinderstation wechseln durfte, wurde sofort ein Antrag auf Reha gestellt. Wir mussten drei Wochen auf einen Platz warten. Auch diese Wochen hatten ihre Tiefpunkte: wieder epileptische Aktivität in Nikolais Gehirn. Das verabreichte Medikament wirkte aber rasch. Dann starker Durchfall, Übelkeit. Und immer wieder Erbrechen.

 

Trotzdem machte Nikolai auch weiter Fortschritte: Er lernte wieder, seinen Kopf zu bewegen. Und obwohl er so schwer krank und ans Bett gefesselt war, kehrte sein Humor zurück. Und… er lernte wieder zu sprechen! Zuerst nur „Ja“ und „Nein“, aber schon bald durften wir von unserem Schatz auch wieder „Mami“ und „Papi“ hören – welch eine Freude! Viele weitere Worte folgten und als wir nach sechs Wochen am LKH Feldkirch endlich auf Reha durften, konnte Nikolai schon wieder ganz kurze Sätze sprechen. Er sprach die Worte langsam und leise, aber doch gut verständlich.

 

Eines war zudem in der Zwischenzeit klar geworden: Nikolais Erinnerungen waren zurück! An den Tag des Vorfalles konnte er sich nicht erinnern, aber sonst war alles da!!!

 

Nikolais Hirnströme waren allerdings immer noch verlangsamt. Seit dem Vorfall vom 28.2. wurden ihm nämlich mehrere epileptische Medikamente pro Tag verabreicht. Es sollte daher Aufgabe der Rehaklinik werden, diese abzusetzen oder anders zu dosieren.

 

In der letzten Woche in Feldkirch war für Nikolai ein Gentest in Auftrag gegeben worden. Der Kinderneurologe war bei seinen Recherchen auf eine Krankheit gestoßen, zu der einige Teilaspekte von Nikolais Krankheitsbild zu passen schienen. Die Auswertung der Uniklinik Innsbruck würde allerdings erst in ca. 4-6 Wochen vorliegen, wurde uns gesagt.

 

Am 13.4. ging es endlich auf Reha in die Schön-Klinik in Vogtareuth bei Rosenheim in Deutschland. Ich war begeistert – Nikolai nicht. Er wollte nur nach Hause. Einfach nur heim. Das war sein einziger Wunsch.

 

Nikolai für die Therapien zu motivieren, war sehr schwer. Wollte er nicht? Fehlte ihm die Kraft? Sein Verstand wollte große Sprünge machen, das spürte ich, aber es ging nur in winzig kleinen Schrittchen vorwärts.

 

In der Rehaklinik war man sich nicht sicher, ob Nikolai wirklich eine Hirnentzündung auskurierte. Man wollte wieder von Neuem nach der Ursache für den schweren Anfall vom 28.2. suchen.

 

Währenddessen konnte Nikolai immer längere Sätze sprechen.

 

Nach ein paar Tagen hatte Nikolai plötzlich Sehstörungen. Er sah auf einmal gar nichts mehr oder er beschrieb sonderbare Dinge, gerade so, als ob er Halluzinationen hätte. Die Ärzte sahen dies als „Auren“ – als Vorzeichen für einen neuen Anfall. Nikolai bekam für ein paar Tage ein weiteres Antiepileptikum. Dieses machte ihn sehr schläfrig. Nikolai schlief fast rund um die Uhr. Er blieb auch sehr schläfrig, als das Medikament bereits abgesetzt worden war.

 

Falls er doch einmal aufwachte, dann konnte er nur sehr langsam und mit größter Mühe sprechen. Er musste regelrecht nach den Worten suchen. Kaum hatte er einen Satz zu Ende gesprochen, schlief er schon wieder erschöpft ein.

 

Plötzlich konnte Nikolai nicht mehr pinkeln, obwohl seine Harnblase voll war und auch ein Wert rund um die Leber veränderte sich. Die Ärzte in der Klinik waren über dies alles sehr beunruhigt und ließen uns nach nur neun Tagen Reha am 22.4. zur weiteren Abklärung an die Dr. von Haunersche Kinderklinik nach München überstellen. Dort sollte Nikolai auch einen PORT (dauerhafter Medikamentenzugang) und eine PEG-Sonde (Ernährungssonde direkt in den Bauch – Nikolais Magensonde lief bisher noch über die Nase) bekommen.

 

Für Nikolais Schläfrigkeit hatten sie in München rasch eine Vermutung. Ihm mangelte es an einem Stoff im Blut, der dazu dient, das Antiepileptikum abzubauen. Nikolais Schläfrigkeit besserte sich ein wenig, sodass er zwischendurch wieder sehr wache Phasen hatte. Ich konnte ihn so noch rechtzeitig über die erste anstehende OP (den PORT) informieren. Diese fand bereits zwei Tage nach unserer Überstellung statt. Nikolai wollte diese OP nicht…

 

Am 24.4., dem Tag der OP, wirkten Nikolais Haut und das Weiß seiner Augen leicht gelb – die ersten Anzeichen einer Gelbsucht. Als Leber und Niere in den zwei Tagen davor per Ultraschall kontrolliert worden waren, hatte es dort keine Auffälligkeiten gegeben.

 

Die Narkoseärztin hatte mich im Vorgespräch darüber informiert, dass die OP für die Ärzte ein Routineeingriff und die Narkose eigentlich nicht stark sei. Aber sie könnten nicht abschätzen, wie Nikolai die Narkose vertragen würde, da niemand wisse, was für eine Grunderkrankung tatsächlich vorliege.

 

OP und Narkose verliefen laut den Ärzten allerdings problemlos und Nikolai sollte, wie alle anderen Kinder nach einer OP auch, für 24 Stunden zur Beobachtung auf die Kinderintensivstation kommen.

 

Der Wechsel auf diese Station war ein Horror für mich, denn ganz egal, wie es unserem 4-jährigen Sohn ging - es war uns nicht erlaubt, auf der Kinderintensivstation rund um die Uhr bei ihm zu sein. Die Besuchszeiten waren sehr eingeschränkt. Und leider blieb es nicht nur bei einem 24-Stunden-Aufenthalt…

 

Ich war froh, dass mein Mann vorläufig von seiner Arbeit freigestellt worden war und ab sofort bei mir in München sein konnte. Die Stiftung Omnibus, gegenüber von der Uniklinik, stellte uns kostenlos ein Zimmer zur Verfügung.

 

Einen Tag nach der OP ging es Nikolai immer schlechter. Er war zwar halbwegs wach, stand aber sehr unter Stress. Seiner Leber ging es sehr schlecht und sein Laktatwert stieg in einen höchst kritischen Bereich. Nikolais Nierenfunktion war eingeschränkt und immer mehr Flüssigkeit lagerte sich im Gewebe ab.

 

Zwei Tage nach der OP schwebte Nikolai in Lebensgefahr. Er musste in künstlichen Tiefschlaf versetzt und beatmet werden. Wir standen wieder ganz am Anfang…

 

Schon bald mussten wir feststellen, dass Nikolai nun in schlechterer Verfassung war als damals in Feldkirch, als er gerade krank geworden war.

 

Als die Schlafmedikamente nach wenigen Tagen wieder abgesetzt wurden, gab es einen einzigen Tag, an dem Nikolai halbwegs zu Bewusstsein kam und mit ganz schwachem Händedruck mit uns kommunizieren konnte. Welch ein Kraftakt muss das für ihn gewesen sein. Er schaffte es, uns mitzuteilen, dass er große Schmerzen hatte. Sofort wurde eine Schmerztherapie gestartet!

 

Der hohe Laktatwert ließ sich zwar senken, aber die Organfunktionen blieben beeinträchtigt: Magen und Darm nahmen die Arbeit nicht mehr auf, die Leberwerte blieben schlecht, die Nieren waren schwer beeinträchtigt. Nikolais Körper war aufgedunsen von der vielen eingelagerten Flüssigkeit. Seine Lunge musste zwei Mal punktiert werden, um Flüssigkeit abzulassen.

 

Irgendwann äußerten die Ärzte den Verdacht, dass Nikolai an einer Stoffwechselerkrankung leide – möglicherweise Morbus Alpers. Erst zu Ostern war ein Mädchen in der Klinik an dieser Krankheit verstorben und Nikolais Krankheitsverlauf war sehr ähnlich.

 

Man wollte nicht das Ergebnis des Gentestes von Innsbruck abwarten – dies würde noch zu lange dauern - sondern gab einen Test an der weitaus größeren Uni in München in Auftrag. Das Ergebnis wurde innerhalb einer Woche erwartet.

 

Jeden Tag hofften wir nun, dass es mit unserem geliebten Kind, unserem Nikolai, endlich wieder bergauf gehen würde. Solange es keine Diagnose gab, konnten, wollten, durften wir die Hoffnung nicht aufgeben.

 

Am 6.5. dann die Auswertung des Gentestes: Morbus Alpers.

 

Wir würden unseren Nikolai verlieren.

 

Am 7.5. wurde Nikolai in ein Einzelzimmer verlegt. Die eingeschränkten Besuchszeiten galten für uns nun nicht mehr. Spätabends versagten Nikolais Nieren.

 

Nikolai wurde nun nur noch durch Medikamente am Leben erhalten. Am Morgen des 8.5. entschieden wir mit unserem betreuenden Arzt, dass Nikolai nun seine große nächste Reise antreten dürfe. Alle lebenserhaltenden Medikamente wurden abgesetzt. Ab nun bekam Nikolai lediglich Morphium und ein angstlösendes Medikament.

 

Am 9.5.2015 um 2.03 Uhr starb Nikolai – mit Mami und Papi an seiner Seite…

 

Wir waren danach sehr ruhig. Nikolai ging es jetzt endlich wieder gut, er war endlich frei, das war unsere einzige Gewissheit. Gegen 6 Uhr früh dann der letzte Blick auf unseren tapferen Kämpfer Nikolai. Wir verließen das Krankenhaus. Immer noch waren wir so ruhig, dass wir sogar ein paar Stunden schlafen konnten.

 

Mein Zusammenbruch erfolgte, als ich den Bestatter bei uns im Dorf anrief und ihn darum bat, die Abholung unseres Sohnes in die Wege zu leiten. Dann die Fahrt aus München hinaus – auf der Rückbank der Kindersitz – ohne Nikolai.

Am 18.5. bekam Nikolai seine ganz persönliche und besondere Abschiedsfeier.

 

Sein Körper ist jetzt ganz nah daheim. Da, wohin er sich so sehr zurückgewünscht hatte. Wenn wir an Nikolais Grab stehen, dann sehen wir unser Haus. Wenn wir an unserem Küchenfenster stehen, dann sehen wir den Baum, unter dem Nikolais Grab liegt.

 

Am 25.5., knapp zweieinhalb Wochen nach Nikolais Tod, wurde sein kleiner Bruder Patrik geboren. Ein helles Licht im Dunkel unserer Trauer – eine neue Aufgabe in unserem Leben…!

Und Nikolai ist unser aller unsichtbarer Begleiter.